Verhungern vor vollen Schüsseln?

Crever de faim devant des plats pleins?                                                                              Die of starvation before full bowls?

Ein Diskussionsbeitrag von Werner Königshofer*

Noch nie in der Geschichte gab es – zumindest in der „westlichen Welt“ – einen derartigen Überfluss an Waren und Dienstleistungen wie wir ihn heute erleben, aber nicht ausreichend konsumieren können. Es ist geradezu pervers, dass die Geschäfte und Lager voll, die Geldbörsen der Bürger aber leer sind. Dabei gibt es darüber hinaus noch genügend Produktionsmittel an denen die Menschen arbeiten und jene Produkte erzeugen, die wiederum die Lager und Geschäfte nachfüllen, die sie sich aber zum großen Teil selber nicht mehr leisten können. Ein teuflischer Kreislauf nach unten.

Was ist da los? Worin liegt das Problem? Hier seien einmal die zwei  Phänomene – Inflation und Deflation – vereinfacht erklärt.

Bei einer Inflation sind zu wenig Waren und Dienstleistungen im Verhältnis zur Geldmenge verfügbar. Erhöht man nun künstlich die Geldmenge über die Notenpresse, so bewirkt dies nur, dass der Geldwert immer mehr verfällt, die Inflation sozusagen galoppierende Ausmaße annimmt. Denn Waren und Dienstleistungen sind nicht willkürlich vermehrbar, Geld hingegen aber schon.

Bei einer Deflation – wie wir sie beinahe schon erleben – ist zu wenig Geld für die Bürger verfügbar im Verhältnis zur großen Menge an Waren und Dienstleistungen. Weil Geld –wie oben schon gesagt – willkürlich vermehrbar ist, könnte die Notenbank ganz einfach die Geldmenge anheben, um dieses Phänomen zu beseitigen.

Also was tun? Und wie?

„Helikopter-Banking“ lautet so ein Schlagwort, das meint, dass man Geld einfach von einem Hubschrauber aus über den Menschen abwerfen und somit breit verteilen sollte, um die Deflation zu bekämpfen. Eine richtige Metapher, die man jedoch in machbare Modelle umformen sollte.

Zum Beispiel könnte man die Wörgler Notgeld-Idee aus den frühen 1930-er-Jahren aufgreifen, um damit allen Bürgern mehr Kaufkraft zur Verfügung stellen! Ein – von der Notenbank zu emittierendes – Sondergeld sollte in mehreren Phasen seinen Wert reduzieren – z. B. monatlich um 10 Prozent, damit es von den Bürgern auch tatsächlich für aktuelle Konsumzwecke ausgegeben wird. Angenommen werden dürfte es nur von inländischen Kaufleuten und Handwerkern, die es wiederum über ihre Banken mit der Notenbank rückverrechnen. Als Einlage darf es von den Geldinstituten nicht angenommen werden – in ihrem eigenen Interesse und in jenem der Bürger. Mit einem dahinschmelzenden Depot ist nämlich niemandem gedient.

Man stelle sich jetzt vor, jeder der acht Millionen österreichischen Bürger bekommt ohne Unterschied einen Betrag von 1.000 Euro Sondergeld zur Verfügung gestellt. Das wäre eine Kaufkraft von acht Milliarden EURO, die eine unmittelbare Konjunkturrakete zünden würde. EU-weit angedacht wären das 500 Milliarden EURO, die nicht über diverse Rettungsschirme den Banken und Pleitestaaten sondern direkt den Menschen zu Gute kämen. Die Bürger wären als Konsumenten glücklich, Handel und Gewerbe ebenso, auch der Finanzminister wegen der vermehrten Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Aber auch die Notenbank, die aus dem Dilemma der Deflationsängste herauskäme; Inflationsängste aber nicht entstehen könnten, weil diese künstlich erzeugte Geldmenge schon wieder verbraucht wäre, noch bevor die Geldentwertung eine galoppierende Phase erreicht.

Abschließend meine ich, dass man diese Idee zur Lösung eines künstlichen Problems ernsthaft überdenken, praktisch ausformulieren und so rasch wie möglich umsetzen sollte. Denn: es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Dies gilt auch für die Geldpolitik.

  • DDr. Werner Königshofer, Nationalratsabgeordneter a.D., Bundesratsmitglied a. D.
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5 Antworten zu Verhungern vor vollen Schüsseln?

  1. Waffenstudent schreibt:

    DER WERT DER ARBEIT

    Jeder Versuch, Geld vom Wert einer erbrachten Arbeit zu trennen, der hat es nicht verstanden, wie der jahrmillionenalte und beispielhafte Wirtschaftskreislauf der Natur erfolgreich funktioniert! Nicht der Geldkreislauf sondern ganz alleine die Art des Warenaustausch entscheidet über den Wohlstand! Die Betonung liegt mehr auf Art und weniger auf Warenaustausch. In dem Kinderlied vom Thaler, der von einem zum anderen wandern muß, verbirgt sich mehr Finanzmathematik, als es die Weltbank, zu wissen, vorgibt!

    Wenn ich bei der Nachbarin ein Ei kaufe, die das Geld dem Tagelöhner für einen Kehrdienst im Hof überträgt und des Tagelöhner Frau damit in der Seifensiederei, in der ich arbeite Seife erwirbt, dann blühen Wirtschaftskreislauf und Finanzkreislauf. Dabei ist es völlig unerheblich, was Eier, Kehrdienst und Seife kosten. Wichtig ist nur, daß der Thaler durch möglichst viele Hände läuft!

    Aktuell werden Eier in gigantischen Fabriken erzeugt, Dabei ist man streng darauf bedacht, daß der Thaler durch möglicht wenig Hände läuft. Gewinnmaximierung nennt man das. Dabei wird übersehen, wie gleichzeitig das soziale Elend erschaffen wird. Zukünftig sieht es derart aus, daß kein Mensch mehr in der Eierfabrik schafft; denn das übernehmen Roboter. Symbolisch heißt das: Am Nordpol wird mit Robotern produziert und am Südpol wird an Menschen verkauft. – Funktionieren kann das nur, wenn am Südpol Waren hergestellt werden, welche die Eierfabrik gebrauchen kann, um damit ihre Verwalter und Zulieferer zu bezahlen. – Und dabei gedeihen zwischen den Polen Not und Elend!

  2. Dieter Zakel schreibt:

    Das Wörgler Schwundgeld hat schon damals nicht funktioniert.

  3. Waffenstudent schreibt:

    DIE VERRECHNUGSEINHEITEN

    Wer erinnert sich noch an den Zonenhandel? Da wurde zwischen der Westzone und Ostzone Handel betrieben und mit Verrechnungseinheiten bezahlt. Das heißt Westwaren wurden mit Ostwaren bezahlt.

  4. Franz Rader schreibt:

    Warum nimmt Herr Königshofer nicht am derzeitigen Forum Alpbach teil oder trägt seine Thesen nicht nacheinander den verschiedenen Parteichefs vor, bis er Unterstützung durch einen von diesen findet? Es gäbe gewiss noch andere Foren, an denen Fachleute teilnehmen, die sich dann äußern, ob das was er vorschlägt tatsächlich machbar ist. Mit einer baldigen Auflösung der EU ist nicht zu rechnen, das haben inzwischen auch H.C.Strache und Norbert Hofer begriffen.

    • 1koenigstiger schreibt:

      mich hat noch nie wer nach Alpbach eingeladen … die EU-Bonzen – von Franz Fischler abwärts – wollen unter sich bleiben …

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