Vor größtem Raubzug der Geschichte?

Man sollte in der ökonomischen Frage die Lektionen der Geschichte so wenig ignorieren, wie jene Bauernweisheit, die da lautet, wer im Galopp lebt, fährt im Trab zum Teufel. Das ist gewiß nicht schwer einzusehen. Und doch: warum korrigieren Politiker ihren Kurs angesichts des zu erwartenden Desasters nicht radikal, warum leben Teile der Gesellschaft weiterhin so, als würden die Bäume in den Himmel wachsen?

Es sind vor allem die ökonomischen und politischen Eliten, die, in jeder Beziehung begünstigt, sämtliche Vorteile und politische Kontinuität ihrem System, von dem sie am meisten profitieren, verdanken. Ihre darauf gründende Selbstzufriedenheit kennt diesbezüglich keine Grenzen, verhindert aber dadurch rechtzeitige und richtige Weichenstellungen.

Von nun an ging es bergab, könnte dereinst ein Kapitel der Geschichte der ökonomischen Wissenschaften lauten. Obwohl selbst die größten Ignoranten die enorm großen wirtschaftlichen Problemberge, die vor allem die sozial Schwachen erdrücken werden, nicht mehr übersehen können, wird, ohne besondere Einsicht übrigens, emsig daran gearbeitet, daß sich die wirtschaftlichen Härten für das Volk verstärken und der Mißbrauch des Systems weiter ermöglicht wird.                                                                  

Aber warum sollten sich die Verantwortlichen deshalb eigentlich schuldig fühlen, wo sie doch Teil dieses Systems sind das ihr Schmarotzertum auch noch belohnt? Dabei wissen sie starke Verbündete hinter sich: die Bankenretter-Lobby.                                                           Da aber Tricksen und Blenden allein anscheinend  nicht den großen Reibach garantieren, wird jetzt zur großen Offensive geblasen. Das fällt, nachdem die hochverschuldeten Staaten ihre demokratischen und souveränen Rechte längst an der Brüsseler Höllen-Pforte abgegeben haben, umso leichter Jetzt geht es den Welt-Finanzhyänen darum, ohne viel Gegenwehr an das Restvermögen des Einzelnen wie auch des Staates zu kommen.       

So beraten, dem Vernehmen nach, die IWF-Gremien darüber, wie das „Rettungsmodell Zypern“ auf den gesamten Euro-Raum ausgedehnt werden könnte. Das heißt, sämtliche Privatsparer im ganzen Euro-Raum sollen um einen Teil ihrer Ersparnisse  gebracht werden. Ein klassischer Raubzug, der damit beginnt, daß vorerst einmal in der ganzen EU die Guthaben über 100.000 Euro für Banken-Rettungen herhalten sollen. Die Kleinsparer kommen wohl später noch an die Reihe..

Diejenigen aber, die nun im Interesse der Bankster und Spekulanten zu solchem Raub ermächtigt werden, „sind die gleichen, die alle europäischen Stabilitäts-Verträge gebrochen haben, welche jeden einzelnen Sparer vor Folgen staatlicher Überschuldung formell abzusichern versprachen“, schreibt der Schweizer Nationalrat Lukas Reiman (www.goldinitiative.ch) ganz richtig.

Anscheinend dienen die EU-Verträge nur dazu, dem internationalen Kapital den Zugang zu den Volks- und Staatsvermögen der Mitgliedsländer zu verschaffen. Nicht nur die Länder des europäischen Südens werden dadurch und durch knallharte Sozialabbauprogramme zur Selbstaufgabe gezwungen und in die endgültige Sklaverei des internationalen Kapitals getrieben.

Wo sind die Staatsmänner, die mit Autorität und sittlich-moralisch entsprechend gestärkt diesem verbrecherischen Irrsinn ein Ende bereiten könnten? Man muß schon weit in die Geschichte zurückgehen, um ein dazu nötiges politisches und staatsmännisches Kaliber aufzufinden.                                                                                                                                 

Dazu fällt mir, neben anderen, immer wieder der koreanische König Sejong* ein, der seinen Erfolg ausschließlich am Glück und Wohlergehen seines Volkes maß und selbst so bescheiden lebte wie der Ärmste seines Reiches.                                                                        In seiner staatsmännischen Weisheit erinnert mich Sejong an Marc Aurel, in seiner Pflichterfüllung an Friedrich den Großen. Nein, so hoch wollen wir unsere Erwartungen gleich gar nicht schrauben, es genügte schon, fänden sich Spitzenpolitiker, die Selbstsucht und Kollaboration mit Ausbeutern nicht als staatsmännische Tugenden auffaßten.

*König Sejong, der Gr0ße, „das ewige Licht Koreas“ (15.Jhdt.)

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11 Antworten zu Vor größtem Raubzug der Geschichte?

  1. Waltraut Kupf schreibt:

    Der berechtigte Wunsch nach sittlich hochstehenden Politikern großen Kalibers beruht auf reiner Illusion. Haben sich nämlich einmal Leute des entgegengesetzten Zuschnitts in der richtigen Partei mit Ellbogentechnik und Intrigantentum nach oben gestrampelt, so werden diese natürlich nur Leute fördern, die ihnen nicht etwa überlegen sind. (Ich glaube mich zu erinnern, daß das so ähnlich in „Parkinson´s Law“ zu lesen war.) In der somit sehr stabilen Ochlokratie müßte sich ein wahres Erdbeben ereignen, um ein solches Regime auszuhebeln. Im Besitz der Medien kann man einen „Konsens“ darüber erzeugen, was alles nicht nur getan, sondern auch gesagt oder gar gedacht werden darf oder auch nicht. Das führt so weit, daß der politische Wille nicht mehr von der Vernunft gesteuert wird, sondern vom Tugendterror des Konsenses, der nicht hinterfragt werden kann. Man diskutiert fleißig herum, klammert aber die wahren Ursachen von Mißständen beharrlich aus, wenn der Konsens es so wünscht. Beispiele dafür sind die Stichwörter EU, Migration, Demographie und Abtreibung, Arbeitsplätze, Nationalbewußtsein usw. Vielleicht wird man demnächst den mangelnden Willen zur Selbstannullierung unter Strafe stellen. Als Ablenkungsmanöver pudelt man sich über Dinge auf, von denen man eigentlich gewußt haben müßte, daß sie immer schon stattfanden (NSA und dergl.). Je nach Sichtweise kann man das wahnwitzige Treiben als Trauerspiel oder als Kasperltheater bezeichnen.

    • helmut mueller schreibt:

      Nicht Illusion, Vision nenne ich es, und eine solche ist nicht unerreichbar, wenn wir auch den Zeitpunkt nicht kennen.

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  4. Buchfink schreibt:

    Hallo Herr Müller,
    Guter Beitrag.
    Ich glaube Möllemann war der letzte der mal öffentlich gegen das System geredet hat.
    Was aus ihm geworden ist wissen wir.

    Grüße

  5. Bernhard schreibt:

    Wie sagte schon Herr Jeroen Dijsselbloem anläßlich der Zypern-Krise: „Cyprus is a template“.

    Dort hat ja die Hochfinanz schon „geübt“; die Bankomaten blieben leer, und die Enteignung ALLER Sparer wurde auf die > € 100.000,- „entschärft“.

    Parallel dazu verschärft die EU das Waffengesetz und Frau Malmström klopft einmal den Gedanken ab, alle LEGALEN Waffen nurmehr mit biometrischer Kennung benutzen zu können.

    DENEN GEHT DER ARSCH AUF GRUNDEIS, weil sie ja wissen, daß das Spiel bald vorbei sein wird.

  6. fototavi schreibt:

    Toller Beitrag und gut auf den Punkt gebracht!
    Grüße aus Köln

  7. Jaro Ruanza schreibt:

    Orban in Ungarn hat das Richtige gemacht und hat den IWF-Kredit vorzeitig zurückgezahlt!
    Jene Leute übrigens,welche noch auf ein Sparbuch einzahlen sind selber schuld wenn sie in
    Zukunft Verluste einfahren werden.

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