Ein Gauck macht noch keinen deutschen Frühling

Bei seiner Angelobung machte der neue deutsche Bundespräsident klar, daß er ein Garant der alten Nachkriegsordnung und der für sie maßgeschneiderten Sprach- und Begriffsregelung sein möchte.  So überraschte es nicht, daß er den 68ern dafür dankte, daß sie „die historische Schuld ins kollektive Bewußtsein gerückt“ haben. Wo sie auch die nächsten Generationen wachgehalten werden soll. Was er natürlich wohlweislich nicht sagte.                                                                                                                                                        Sein Antrittsbesuch in Polen war denn auch, auf altdeutsche Weise gesehen, die logische Konsequenz  einer frembestimmten Gesinnung, die gefesselte Neudeutsche  u. a.  zu kriecherisch-reuiger Haltung und Tributzahlungen verpflichtet. Daran würde sich auch nichts ändern, sollte Joachim Gauck das anders sehen (wollen).                                               Schon gar nicht überraschte es daher auch, daß der Herr Präsident in seiner Rede so gar nichts zu den ungesühnten Verbrechen an den Deutschen und/oder der vorenthaltenen Friedensregelung zu sagen hatte. Haben die deutschen Weltkrieg II-Opfer und  das deutsche Volk auch  in ihm, dem Pastor,  keinen mutigen Fürsprecher?

So konnte (durfte) er wohl auch nichts zu dem „geistigen Völkermord“ an seinem Volk sagen. Dieser Begriff umfaßt, laut Arnold Gehlen,  „die Traditionen und Überlieferungen eines Verbandes ebenso wie ihre Ehre. Und ein Volk gewaltsam von seiner Geschichte abzutrennen oder zu entehren, bedeutet dasselbe, wie es zu töten“. Einverstanden, Herr Gauck?                                                                                                                                           Dazu wird es von diesem offiziellen Deutschland weiter  das große Schweigen geben. Wo doch selbst Vertriebenenfunktionäre heute Angst davor haben, diese Verbrechen schonungslos zu thematisieren und energisch volle Gerechtigkeit einzufordern. Da  kann sich ein Bundespräsident Gauck denn wohl auch entspannt dem üblichen Tageskram oder beglückendem Händeschütteln widmen.                                                                                   Deutsche Verbrechen in deutsches Bewußtsein zu meißeln bei gleichzeitiger Ausblendung oder Unterdrückung der Verbrechen an den Deutschen gehört zum Pflichtreflex eines  konformistischen deutschen Politikers.  Daß, nebenbei bemerkt, einige unter ihnen auch noch eine tolle politisch korrekte oder, wie manche Linke, amoklaufende Antifa-Kür zeigen, um der anderen Seite zu gefallen, kennen wir auch inzwischen.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      So gesehen verwundert es nicht, daß es immer wieder ausländische Stimmen sind,  die auf dieses einzigartige neudeutsche Verhalten und besonders auf die Vertreibungsverbrechen  (Völkermord!) an den Deutschen hinweisen.                                                                               Ganz aktuell hat jetzt der US-amerikanische Historiker R. M. Douglas ein Buch* über die Vertreibungsverbrechen – laut Rolf-Josef Eibicht ein „Vertreibungsholocaust“** – herausgegeben. In seinem Buch „,Ordnungsgemäße Überführung. Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg“ zeigt Douglas, daß die Vertreibungen alles andere als „geordnet und human“ verliefen, sondern Hunderttausende (manche sprechen von drei Millionen, Anm.) von Todesopfern forderten. Denen bis heute keine angemessene, an Beachtung und Größe dem Holocaust-Denkmal in Berlin ebenbürtige zentrale Gedenkstätte errichtet wurde. Wird selbst nur Ähnliches  angedacht, werden die Täter höflich um Zustimmung gebeten. Wo in der Welt geschieht solches noch?

Mit dieser „drückenden Erblast der europäischen Geschichte“, wie sich ein deutscher Rezensent des erwähnten  Buches ausdrückte,  trat in Berlin ein Mann sein hohes Amt an, das mehr als nur ein Podest für nationalpolitische Keuschheit und Souveränitätsverzicht zu sein hätte.  Mit weiterer Schwamm-drüber-Mentalität bei verdrängten oder unterdrückten Fragen der Zeitgeschichte ist der Unterschied zu Herrn Wulffs mißglückter  „Everybodys-Darling-Show“ aus nationaler Sicht daher nicht wirklich epochemachend.       Herr Gauck mag im persönlichen Umgang ein netter, sympathischer Mensch sein, ob das aber zu neuer deutscher Selbstachtung  und Souveränität reicht, darf bezweifelt werden. Der  Herr Bundespräsident vermittelt leider den Eindruck, als möchte er nichts lieber als dem Bild gerecht werden, daß die veröffentlichte Meinung von ihm gezeichnet hat.          Aber vielleicht wächst er noch über sich hinaus. Hoffen wird man ja noch dürfen in meinungsfreiheitlich unterentwickelten deutschen Landen.

*R. M. Douglas: „Ordnungsgemäße Überführung“. Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, C.H.Beck Verlag, München 2012. 560 Seiten, 29,95 Euro.          **Rolf-Josef Eibicht/Anne Hipp (Hrsg.):“Der Vertreibungsholocaust“; Deutsche Stimme Verlag, Riesa 2000

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6 Antworten zu Ein Gauck macht noch keinen deutschen Frühling

  1. Rolf Josef Eibicht schreibt:

    Mein lieber Freund und teilweise auch Lehrer Helmut Müller in Wien,

    wieder einmal ganz und gar unbestechlich und hervorragend,
    dieser Kommentar zur schier unglaublich rasenden Kollektivschuldbezichtigungsrede in nationaler Würdelosigkeit par excellence des Bundespräsidenten Joachim Gauck. Mit dem wir nach dem Desaster in der Causa Wullf vom Regen in die Traufe gekommen sind, wenn er sich nicht unabdingbar korrigiert, der so verheerend mehr Fluch als Segen nach seiner Amtszeit dem deutschen Volk gebracht haben wird, wenn er sich nicht in der Interpretation der Geschichte, die hier bei uns zur Machtgrundlage der Mitte-Links-Parteienoligarchie, der Mitte-Links-Demokratur verkommen- und heruntergekommen ist, und diese trotz einer soliden Verfassung. (Das dritte Lager, unsere dritte politische Strömung des internalisiert demokratischen und seriösen Nationalpatriotismus, wird hier bei uns in der BRD seit Jahrzehnten nahezu ausgelöscht.) Präsident Gauck deutet da zwei Hinsichten der Kollektivschuld der Deutschen, welche nur eine verruchte Legende ist, an. Diese Kollektivschuldbezichtigung ist menschenverachtend, unhistorisch, sittlich verkommen und heruntergekommen, unchristlich, wider das Völkerrecht, Menschenwürde und Menschenrechte. Aber dazu hier am Montag, in der Müller-Weltnetzseite, etwas mehr.

    Herzliche Grüße
    stets Ihr
    Rolf Josef Eibicht

    PS
    Nach neuester Allensbach-Umfrage empfinden die Deutschen hier bei uns zu den Deutschen in Österreich zu über 90 Prozent eine besondere Nähe. Nah, ist dies denn nichts!!

    • Siegfried EDER schreibt:

      Werter Herr Eibicht, ja, Sie haben recht in Ihrer Schlußfolgerung. – Aber Ihr „PS“ kann ich nicht unwidersprochen lassen:
      „Deutsche in Österreich“, das ist ein Ausdruck, der hier doch sehr selten verwendet wird, und wenn, dann meist auch nur von Deutschen selbst, welche nichts anderes kennen (wollen), als die Sprachnation. – Die Österreicher-innen aber, Herr Eibicht, sind eine Willensnation !

      • helmut mueller schreibt:

        Kleiner Einspruch: Und mehrheitlich einer Kulturnation wurzelhaft verbunden! Welcher wohl? Und ob die Mehrheit der Österreicher gemeinsam mit zugewanderten Türken, Nigerianern, Tschetschenen und Chinesen einmal eine neue Willensnation bilden werden bzw. wollen, das steht noch in den Sternen.

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  3. Carl Jung schreibt:

    Die Österreicher sind keine Willensnation, denn sie wurden nie zu ihrem Willen befragt.
    Als sie nach dem 1. Weltkrieg gefragt wurden, wollten Sie sich dem Reich anschließen, was von den Alliierten verboten wurde. Als Hitler dann fragte, bekam er, wie nicht anders zu erwarten unter der Diktatur, gewaltigen Zuspruch.
    Nach dem Krieg wurde wieder keiner gefragt und die Österreicher mussten irgendwie die Russen aus dem Land bringen. Da bot sich die Neutralität unter österreichischem Dach einfach an.
    Nun gut, inzwischen sind die Österreicher jetzt vielleicht eine Willensnation. De facto sind sie aber der Schwanz am Hund, der Hund ist Deutschland. Sie sind die Provinz mit dem besonderen Autonomiestatut. Aber es sei ihnen gegönnt. Jedem sein Krähwinkel.
    Die Deutschen haben mit den Österreichern in zwei Weltkriegen schlechte Erfahrungen gemacht. Ich denke es ist besser, man hält sie von den echten Deutschen getrennt. Habsburg war auch nie gut für das Reich, hat die Schweiz, das Elsass und die Niederlande aus dem Reichsverband verloren, hat Lothringen für irgendwas Dynastisches eingetauscht.
    Und Wien ist sowieso Balkan.
    Die Ös sprechen zwar deutsch, ähneln aber eher den Tchechen und die mag ich nicht.

    Carl Jung

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